Zur letzten Sitzung des Bundesrates in diesem Jahr wird Hessen am 20. Dezember 2024 eine Anti-Gold-Plating-Bundesratsinitiative einbringen. Als Gold-Plating bezeichnet man das bewusste Ausnutzen europäischer Rechtsetzungsvorhaben, um nationale Ziele zu verfolgen. So werden EU-Richtlinien nicht 1:1 umgesetzt, sondern Vorschriften über das notwendige Maß hinaus verschärft. Als passives Gold-Plating bezeichnet man Vorhaben, bei denen die europäischen Vorgaben zwar Ausnahmen zulassen, die nationalen Gesetzgeber diese aber bewusst nicht nutzen. Ein prominentes Beispiel war in diesem Jahr der Versuch der Bundesregierung, eine Versicherungspflicht für Gabelstapler und Aufsitzrasenmäher einzuführen.
Hessens Entbürokratisierungsminister Manfred Pentz erläuterte die Ziele der hessischen Bundesratsinitiative: „Die beste Art überbordende Bürokratie zu verhindern ist, sie gar nicht erst entstehen zu lassen. Im christlich-sozialen Koalitionsvertrag haben wir uns auf eine 1:1 Umsetzung von europäischen Vorgaben geeinigt und für dieses Anliegen setzen wir uns auch auf Bundesebene ein. Europa ist bei der deutschen Rechtsetzung nicht mehr wegzudenken. Rund 60 bis 70 Prozent aller Vorschriften sind bereits europäisch beeinflusst. Es macht deshalb einen gewichtigen Unterschied, ob da jedes Mal etwas draufgesattelt wird oder die Vorgaben 1:1 umgesetzt und Ausnahmen genutzt werden. Unsere Entschließung hat deshalb zwei Ziele: Zum einen wollen wir damit einen wirksamen Beitrag zur Entbürokratisierung in Deutschland leisten. Zum anderen wollen wir ein deutliches Signal setzen, dass Europa in Sachen überbordender Bürokratie nicht immer an allem schuld ist.“
Europaminister: „Gold-Plating zielt oft auch gegen europäische Freiheiten“
„Das ‚Veredeln‘ von Vorschriften“, so der Minister weiter, „ist nicht nur bei europäischen Musterknaben beliebt, die zeigen wollen, dass es immer noch strenger, härter und bürokratischer geht. Es kommt immer wieder auch zu Sachverhalten, da werden Haken und Ösen in die Umsetzungsgesetze eingebaut, gerade um die Wirkung europäischer Vorschriften zu konterkarieren. Da soll zum Beispiel der eigene Arbeitsmarkt vor europäischen Anbietern geschützt werden und diese müssen dann plötzlich kaum überwindbare bürokratische Hürden meistern. Das ‚bürokratische Veredeln‘ von europäischen Vorgaben ist deshalb kein Zufall oder das Ergebnis einer schlechten administrativen Umsetzung, sondern regelmäßig Teil einer politischen Strategie. Deutschland ist da keine Ausnahme. Dabei wird leider vergessen, dass eine der wichtigsten Antriebe der europäischen Einigung der gemeinsame Binnenmarkt ist. Gerade in einer Zeit globaler Herausforderungen, in einer Zeit in der klar ist, dass keiner mehr allein für sich bestehen kann, wirft uns Gold-Plating deshalb auch im internationalen Wettbewerb zurück.“
Der Minister betonte: „Mit unserer Initiative werben wir für eine Selbstverpflichtung des Bundes, künftig auf Gold-Plating zu verzichten. Uns geht es dabei auch um Planungssicherheit für Unternehmen, die nach den Entscheidungen auf europäischer Ebene nicht noch mal damit rechnen müssen sollen, dass weitere Berichtspflichten, höhere Grenzwerte oder andere bürokratische Regeln hinzukommen.
Manfred Pentz: „Sounding Board kann auch bei 1:1 Umsetzung wichtige Rolle spielen“
Der Minister verwies auch auf die Ziele der neuen EU-Kommission: „Praktisch in jedem Politikbereich der neuen EU-Kommission ist das Thema Entbürokratisierung angesprochen. Jetzt müssen wir aus den Mitgliedstaaten und Regionen auch dazu beitragen, dass aus diesen Absichtserklärungen handfeste Umsetzungsschritte entstehen. Wenn die nationalen Ebenen sich auf eine strikte 1:1 Umsetzung verpflichten, muss die europäische Ebene ihrerseits zeigen, dass sie verstanden hat. Mit dem neuen Sounding-Board in der Hessischen Landesvertretung in Brüssel werden wir die europäische Ebene permanent an ihre Versprechen erinnern, Bürokratie abzubauen. Wir werden aber auch darauf achten, dass einmal beschlossene Vorgaben auf europäischer Ebene nicht auf wundersame Weise in Deutschland mit bürokratischen Fallstricken versehen werden. Das Sounding Board kann deshalb auch bei der 1:1 Umsetzung europäischer Vorgaben eine wichtige Rolle spielen.“