Auf der Innenministerkonferenz (IMK), die vom 4. bis 6. Dezember in Rheinsberg tagte, forderte Hessens Innenminister Roman Poseck eine klare Begrenzung irregulärer Migration. Auf eine Initiative Brandenburgs, Sachsens, Sachsen-Anhalts und Hessens, die unter anderem Zurückweisungen auch von Asylsuchenden an den Grenzen vorsah, konnte sich die IMK nicht einigen. Erfolgreich waren hessische Beschlussvorschläge für eine neue Ermittlungsmethode für Kriminalisten, zur Stärkung des Bevölkerungsschutzes, dem Bürokratieabbau im Bevölkerungs- und Katastrophenschutz sowie zur effektiveren Bekämpfung von Desinformationen in Sozialen Medien.
Keine Einigung in der Migrationspolitik
Zu den Ergebnissen der IMK im Bereich der Asylpolitik führte Innenminister Roman Poseck aus: „Es ist bedauerlich, dass die Innenministerkonferenz keine Einigung in der Migrationspolitik erzielen konnte. Als CDU/CSU-Minister haben wir uns für eine deutliche Veränderung bei diesem Thema stark gemacht. Wir müssen dafür Sorge tragen, dass dauerhaft erheblich weniger Menschen zu uns kommen. Dafür braucht es eine Reduzierung falscher Anreize, Zurückweisungen an den Grenzen, Begrenzungen des Familiennachzuges, eine Ausweitung der sicheren Herkunftsstaaten und mehr Abkommen mit Heimatländern. Unzweifelhaft zeigen sich bereits erste Erfolge von zuletzt ergriffenen Maßnahmen, wie beispielsweise den Grenzkontrollen. Sie reichen aber bei weitem nicht aus. Wir dürfen uns nicht auf dem aktuellen Rückgang der Flüchtlingszahlen ausruhen. Dies ist kaum mehr als eine Atempause. Bei der Migration braucht es eine klare Trendwende und keine halbherzigen Beschlüsse. Deshalb haben wir als Innenminister von CDU und CSU weitere konkrete Maßnahmen für die Zukunft gefordert. Indes konnten wir Beschlüssen nicht zustimmen, die einer bloßen Selbstbeweihräucherung für erste Erfolge gleichkommen. Der Blick muss nach vorne gerichtet werden. Es bleibt dabei: Staat und Gesellschaft befinden sich infolge der Migration in einem Grenzbereich. Sie sind aktuell sehr stark durch die hohen Flüchtlingszahlen der vergangenen Jahre herausgefordert und gerade die Kommunen erwarten von uns weitere wirkungsvolle Schritte. Die Zahlen müssen jetzt erheblich und nachhaltig gesenkt werden. Dies ist auch ein Gebot der Handlungsfähigkeit und der Sicherheit unseres Staates. Unverständlich ist auch, dass die Bundesregierung einerseits wirkungsvolle Maßnahmen zur Begrenzung der Migration verweigert und andererseits finanzielle Mittel zur Integration massiv zurückführt. Als positives Ergebnis bleibt das klare Bekenntnis der IMK, Straftäter und Gefährder auch nach Syrien und Afghanistan abzuschieben. Es ist nun Aufgabe der Bundesregierung, weitere Abschiebungen in diese Länder zu organisieren. Der im August durchgeführte Abschiebeflug nach Afghanistan darf keine Eintagsfliege bleiben.“
Moderne Ermittlungsmethoden für Kriminalisten: Ermöglichung der Vorhersage der Herkunft von Tätern
Auf Vorschlag Hessens spricht sich die IMK dafür aus, die gesetzlichen Grundlagen auszubauen, um die biogeographische Analyse (BGA) zur Vorhersage der kontinentalen biogeographischen Herkunft einer Person mittels DNA-Analyse für Kriminalisten zu ermöglichen. Dazu erklärte Roman Poseck: „Wir haben auf der Grundlage unserer Initiative Einigkeit über einen Quantensprung in der Strafverfolgung erzielen können. Unsere Ermittlerinnen und Ermittler brauchen moderne Methoden, um Schwerstverbrechern auf die Spur zu kommen. Deshalb ist es richtig, die Möglichkeiten der DNA-Analyse zukünftig auch zur Ermittlung der Herkunft eines Täters zu nutzen. Wir dürfen unseren Kriminalisten keine Befugnisse vorenthalten, wie es auch die Rest-Ampel mit der IP-Adressenspeicherung tut. Hier geht es auch um die Glaubwürdigkeit und Handlungsfähigkeit des Staates. Eine weitere Ermittlungsmöglichkeit, um schwerste Verbrechen wie Mord, Totschlag und Raub aufzuklären, ist die Vorhersage der Herkunft einer Person aus einer Weltregion. Die sogenannte biogeographische Analyse kann der zielgerichteten polizeilichen Ermittlungsarbeit helfen, eine große Zahl an Spurenverursachern auf eine kleinere Personengruppe einzugrenzen. In der Schweiz und Österreich zum Beispiel, ist dies bereits möglich und hat in der Praxis bereits Ermittlungserfolge beschert. Es ist wichtig, dass wir diese Möglichkeit auch in Deutschland schaffen. Mit der BGA kann die Analyse von Haar-, Haut- und Augenfarben sowie des Alters einer Person, für deren Bestimmung es bereits seit 2019 eine Rechtsgrundlage gibt, präzisiert werden. Die IMK ruft das Bundesinnenministerium dazu auf, sich innerhalb der Bundesregierung dafür einzusetzen, die BGA mittels einer entsprechenden Rechtsanpassung in Deutschland ebenfalls zu ermöglichen. Dies wäre ein weiterer Schritt für mehr Sicherheit in Deutschland.“
Die IMK hat sich zudem für eine Speicherung von IP-Adressen und Verkehrsdaten zur Strafverfolgung und Gefahrenabwehr, für den nachträglichen biometrischen Abgleich von polizeilich rechtmäßig erlangten Daten sowie für die automatisierte Analyse von Daten ausgesprochen. Außerdem haben sich die Innenministerinnen und Innenminister klar gegen einen Gesetzentwurf des Bundesministeriums der Justiz zur Begrenzung des Einsatzes von Verdeckten Ermittlern (VE) und Vertrauenspersonen (VP) positioniert. „Anders als bei der Migration war die IMK bei allen weiteren Themen der Inneren Sicherheit wieder einmal von großer Einmütigkeit getragen. Uns verbindet das Interesse, für ein Höchstmaß an Sicherheit zu sorgen und wirkungsvolle Antworten auf die zahlreichen aktuellen Herausforderungen für unsere Sicherheit zu geben,“ so der Minister.
Bund muss Zeitenwende im Bevölkerungsschutz umsetzen
Zur erfolgreichen Initiative Hessens zur Stärkung des Bevölkerungsschutzes sagt Heimatschutzminister Roman Poseck: „Die zunehmenden Extremwetterereignisse und die Corona-Pandemie haben die Bedeutung eines gut aufgestellten Katastrophenschutzes verdeutlicht. Die Länder haben in den vergangenen Jahren bereits erhebliche Anstrengungen unternommen und den Katastrophenschutz deutlich gestärkt. Insbesondere der Angriff Russlands auf die Ukraine hat viele bestehende Gewissheiten in Frage gestellt. Er bedeutet eine signifikante Veränderung bei den Bedrohungsszenarien für den Schutz der Bevölkerung. Neben einer starken Bundeswehr braucht es einen starken Bevölkerungsschutz. Nur so kann das Ziel einer gesamtgesellschaftlichen Verteidigungsfähigkeit erreicht werden.
Die IMK ist sich seit Langem einig, dass der Bund seiner Verantwortung für den Schutz der Bevölkerung gerecht werden und die im Sommer 2022 in Aussicht gestellten zehn Milliarden Euro bereitstellen muss, damit notwendige Strukturen im Zivil- und Katastrophenschutz geschaffen und wiederaufgebaut werden können. Leider ist festzustellen, dass der Haushaltsansatz des Bundes auch für 2025 trotz leichter Erhöhungen gegenüber dem Vorjahr hinter den Notwendigkeiten zurückbleibt. Der Bund ist von der IMK auch aufgerufen, dass mit den Ländern bereits 2007 abgestimmte, allerdings erst zu lediglich etwas über zwei Drittel umgesetzte Ausstattungskonzept für die Ausstattung im Zivilschutz endlich vollständig zu erfüllen. Damit werden die Katastrophenschutzeinheiten der Länder gestärkt und sie werden in die Lage versetzt, die durch den ,Operationsplan Deutschland‘ neu auf sie zukommenden Unterstützungsanforderungen besser bewältigen zu können. Der Bund muss ebenfalls seine Anstrengungen verstärken, um seinen Zusagen zur Betreuung und Versorgung von Bürgerinnen und Bürgern im Kriegsfall gerecht zu werden. Zivil- und Katastrophenschutz sind eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Auf hessischen Vorschlag bittet die IMK den Bund deshalb zu prüfen, wie von neuen Wehrdienst-Modellen auch die Feuerwehren oder Hilfsorganisationen personell profitieren könnten.“
Feuerwehren & Hilfsorganisationen von überbordender Bürokratie befreien
Auch kleine Feuerwehren und Einheiten von Hilfsorganisationen müssen Standards, die in erster Linie die Sicherheit von Arbeitnehmern in Betriebsstätten gewährleisten sollen, umsetzen, auch wenn offen ist, ob der jeweilige Zweck für den Aufgabenbereich des Brand- und Katastrophenschutzes erforderlich ist. Die uneingeschränkte Anwendung von staatlichen Arbeitsschutzvorschriften auf Ehrenamtliche im Brand- und Katastrophenschutz führt zu einer Festschreibung von teils überbordenden Standards. Gleichzeitig werden die Städte und Gemeinden beziehungsweise die Hilfsorganisationen als „Unternehmerinnen“ mit der Umsetzung der Standards in vielen Bereichen überfordert und unverhältnismäßig belastet. Ebenso sind die Feuerwehren und Hilfsorganisationen im Straßenverkehrsrecht von Regelungen betroffen, die nur schwer umsetzbar sind oder die sogar die Einsatzfähigkeit beeinträchtigen können. Deshalb hat Hessen eine Initiative zum Abbau von Bürokratie im Brand- und Katastrophenschutz, insbesondere bei Feuerwehren, eingebracht, die von der IMK beschlossen wurde.
Dazu führt Heimatschutzminister Roman Poseck aus: „Der Brand- und Katastrophenschutz wird bundesweit von mehr als 1,7 Millionen ehrenamtlichen Frauen und Männer gewährleistet. Sie sollen ihr ehrenamtliches Engagement möglichst frei von bürokratischen Belastungen ausüben können. Zum Beispiel sollten kleinere Feuerwehren von den Anforderungen des Arbeitsstättenrechts befreit werden. Zudem ist es das Ziel, Vorgaben zu Sanitäreinrichtungen zu lockern und allgemeine Standards zu identifizieren, auf die verzichtet werden kann. Es braucht sinnvolle Regelungen, die pragmatische Lösungen ermöglichen. Die IMK bittet deshalb auch das Bundesinnenministerium, unnötige bürokratische Standards im Bundesrecht abzubauen. Ich erhoffe mir davon, dass so die Attraktivität eines ehrenamtlichen Engagements im Bereich des Brand- und Katastrophenschutzes gesteigert, Kapazitäten freigesetzt und Kommunen, zum Beispiel im Bereich der Vergabe und Beschaffung, entlastet werden können. Im Ergebnis soll die Handlungsfähigkeit des Brand- und Katastrophenschutzes gestärkt werden.“
Desinformationen effektiver bekämpfen: Prüfung der Regularien für Soziale Medien
Vor dem Hintergrund der zunehmenden Verbreitung von Desinformationen über Soziale Medien schloss sich die IMK ebenfalls der hessischen Forderung an, dass das Bundesinnenministerium Anstrengungen unternimmt, diese Form der ausländischen Einflussnahme effektiver zu bekämpfen.
Dazu erläutert Innenminister Roman Poseck: „Autoritäre Regime haben in der Vergangenheit gezeigt, dass sie Desinformationen in Sozialen Medien als Instrument nutzen, um demokratische Meinungsbildungsprozesse zu beeinflussen, bestehende gesellschaftliche Spannungen zu verstärken, Menschen zu verunsichern und ihr Vertrauen in den Staat zu erodieren. Staatliche Desinformationskampagnen sind eine Gefahr für unsere innere Sicherheit und langfristig für unsere freiheitliche Demokratie. Dem muss der Bund effektiver begegnen, zumal, wenn es sich um Plattform-Anbieter nicht-westlicher Staaten handelt. Hier besteht grundsätzlich das Risiko der Ausspähung der Nutzerinnen und Nutzer. Außerdem können die gesammelten personenbezogenen Daten unter Verwendung von nutzerbasierten Algorithmen gezielt verwendet werden, um die Verbreitung von staatlichen Desinformationen und staatliche Spionage zu befördern. Dieses Risiko wird insbesondere bei der von einem chinesischen Unternehmen betriebenen Kurz-Video-Plattform TikTok gesehen.
Deshalb fordert die IMK das Bundesinnenministerium auf, die bestehenden Regularien für Plattformbetreiber und deren Einhaltung zu prüfen, diese sofern notwendig durchzusetzen sowie weitere Möglichkeiten zur effektiveren Bekämpfung von Desinformationen und dem Ausspähen von Privatpersonen im großen Stil auf den Plattformen aufzuzeigen. Dies kann meiner Auffassung nach auch eine stärkere Regulierung der Anbieter für mehr Datensicherheit und Transparenz beinhalten. In diesem Zusammenhang soll der Bund auch prüfen, welche Anpassungen des Strafrechts möglich sind, um die systematischen Verbreitung von Falschnachrichten, insbesondere mit dem Ziel der Sabotage unserer Demokratie, effektiver zu bestrafen.“